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Karl Nehammer will Familiennachzug mit DNA-Tests beschränken - Wahlkampf um das Asylthema

Die ÖVP greift das Wiener Problem der Familienzusammenführung auf und will verstärkt mit DNA-Tests gegen Missbrauch vorgehen. Die FPÖ sieht darin nur einen Schmäh.

Karl Nehammer will Familiennachzug mit DNA-Tests eindämmen
Karl Nehammer will Familiennachzug mit DNA-Tests eindämmen

In früheren Wahlkämpfen war das Asyl- und Migrationsthema so etwas wie der sprichwörtliche Elefant im Raum: Jeder wusste und spürte, dass er da ist, aber kaum jemand sprach darüber. Diesmal ist das anders. Diesmal setzt nicht nur die FPÖ voll auf ihr Leibthema Migration, sondern auch die ÖVP.

Karl Nehammer will Familiennachzug beschränken

Bundeskanzler und ÖVP-Chef Karl Nehammer ließ am Wochenende mit der Ankündigung aufhorchen, den Familiennachzug nach Österreich einzuschränken zu wollen. Der Nachzug der Familienangehörigen von Asyl- und Schutzberechtigten zeichnet mittlerweile für den Großteil der Asylanträge verantwortlich. Das will Nehammer nun ändern. "Wir werden den Familiennachzug durch strikte Überprüfungen beschränken", kündigte er an. Bereits in den nächsten Tagen sollen wirksame Maßnahmen ergriffen werden.

Konkret kündigte der Kanzler an, dass zum absolut sicheren Nachweis der Verwandtschaft verstärkt DNA-Tests eingesetzt werden. Schon jetzt sind in den Botschaften vor Ort, wo der Familiennachzug beantragt werden muss, derartige Tests möglich. Nehammer möchte nun, dass "schon beim geringsten Zweifel" Tests durchgeführt werden, um Missbrauch auszuschließen. Das soll durch einen neuen Erlass angeordnet werden.

Intensivierung der Dokumentenprüfung

Außerdem solle bei Fällen von Familienzusammenführungen der Einsatz speziell geschulter Dokumentenprüfer intensiviert werden. Und schließlich seien auch verstärkte Sicherheitsüberprüfungen der Familienangehörigen durch die Sicherheitsbehörden geplant, sagte Nehammer.

Der ÖVP-Obmann setzt damit die Strategie seiner Partei fort, das Asyl- und Migrationsthema offensiv anzusprechen. Europaweit Aufsehen erregte die Entscheidung der ÖVP-geführten Regierung, den Schengenbeitritt von Rumänien und Bulgarien zu blockieren, um damit eine Verschärfung der europäischen Asylpolitik zu erzwingen. Dass die ÖVP nun auf das Thema Familiennachzug setzt, kommt einer Kehrtwende gleich: Als die Stadt Wien zuletzt über den stark steigenden Familiennachzug vor allem von Kindern in die Bundeshauptstadt stöhnte und vor einer Überforderung des Schulsystems warnte, lautete die erste Reaktion der ÖVP-Zentrale: Das sei ein Wiener Problem, das Wien lösen müsse. Denn der starke Familiennachzug in die Bundeshauptstadt komme dadurch zustande, dass dort die höchsten Unterstützungsleistungen aller Bundesländer ausbezahlt würden. - Nun hat die ÖVP das Thema doch aufgegriffen.

FPÖ und NEOS kritisieren Vorstoß Nehammers

Die FPÖ - die DNA-Tests schon 2007 erstmals forderte - bezeichnete Nehammers Vorstoß als Schmäh, denn in Wahrheit stehe die ÖVP für ungezügelte illegale Migration. Auch die Neos sprachen von Wahlkampfpopulismus, da es DNA-Tests jetzt schon gebe.

Der Familiennachzug ist deswegen zurzeit ein großes Thema, weil die vielen Männer, die bei den großen Migrationswellen seit 2015 kamen, jetzt ihre Familien nachholen. Bis Ende März wurden in Österreich heuer 6922 Asylanträge gestellt, davon kamen 1449 von Frauen und 3649 von Minderjährigen. In Wien werden derzeit monatlich 300 Flüchtlingskinder eingeschult.