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Passantin am Treppelweg niedergefahren? - Serbe bestreitet Tat und präsentiert im Prozess abenteuerliche Version

Jener 45-jährige obdachlose Serbe, der bereits am 29. September 2023 auf dem Salzach-Treppelweg bei Hallein-Rif eine 33-jährige Fußgängerin mit einem Fahrrad mit zumindest 30 km/h frontal gerammt und dann schwerst verletzt liegen gelassen haben soll, bekannte sich am Montag im Prozess am Landesgericht nicht schuldig. Vor der Richterin behauptete er, ein Bekannter, von dem er nur den Spitznamen "Ricky" kenne, habe damals auf die Fußgängerin mit der Faust und dann mit einem Brecheisen eingeschlagen.

 In diesem Bereich auf dem Treppelweg bei Rif war es zu der inkriminierten Kollision gekommen, bei der eine 33-Jährige schwerst verletzt wurde.
In diesem Bereich auf dem Treppelweg bei Rif war es zu der inkriminierten Kollision gekommen, bei der eine 33-Jährige schwerst verletzt wurde.
Der Angeklagte im Prozess vor Richterin Anna-Sophia Hofer. Neben der Richterin: der Kfz-technische Sachverständige Gerhard Kronreif.
Der Angeklagte im Prozess vor Richterin Anna-Sophia Hofer. Neben der Richterin: der Kfz-technische Sachverständige Gerhard Kronreif.

Sie klingt äußerst abenteuerlich, die Tatversion, die der 45-jährige Angeklagte gegenüber Richterin Anna-Sophia Hofer am Montag präsentiert. Obwohl er im Vorverfahren noch mehrfach aussagte, dass er damals, am Vormittag des 29. September, am Treppelweg die 33-jährige Fußgängerin mit einem Fahrrad "unabsichtlich" angefahren habe, beteuert er nunmehr, dass er zwar damals dabei gewesen sei, als die Frau schwerst verletzt wurde; tatsächlich habe er der Tennengauerin, die u.a. einen massiven Schädelbruch erlitt, sich ans unmittelbare Tatgeschehen so gut wie nicht mehr erinnern kann und lange auf der Intensivstation lag, "gar nichts getan, sie nicht einmal angefasst".

Angeklagter: "Ich habe nichts getan, der andere hat zugeschlagen"

"Ich war damals mit einem vom Drogenkonsum schon gezeichneten Typen, den ich schon länger kannte und der ,Ricky' heißt, auf dem Treppelweg unterwegs", erzählt der Angeklagte. Er habe zwar ein Rad mitgehabt, dieses aber nur geschoben.

"Auf einmal war diese Frau da. Ich bin ein bisschen ausgewichen, aber ,Ricky' hat ihr plötzlich ohne Grund erst mit der Faust auf den Hinterkopf geschlagen", so der Serbe. Die 33-Jährige sei daraufhin "über mein Vorderrad gestürzt. Dann hat ,Ricky' mit einem Brecheisen, dass er im Rucksack hatte, noch vier, fünf Mal auf ihren Kopf eingeschlagen. Es war furchtbar", so der Serbe mit nun schluchzender Stimme und in weinerlichem Ton.

Auf Vorhalt der Richterin, warum er denn dann vor der Polizei und auch schon bei Gericht angegeben habe, dass er - und zwar ganz im Einklang mit eingeholten Gutachten - die Frau angefahren habe, meint er: "Der ,Ricky', den ich ein paar Tage später wieder getroffen habe, hat gesagt, ich soll das so sagen, wenn man mich erwischt. Sonst würde meiner Tochter was passieren." Darauf die Antwort der Richterin: "Erstaunlich. Sie kümmern sich ja seit Jahren überhaupt nicht mehr um ihre Kinder. Und sind seit Jahren jeden Unterhalt schuldig." Richterin Hofer hält dem Serben auch vor, dass auf dem Pullover des Opfers seine DNA-Spuren gesichert worden seien; wie denn das möglich sei, "wenn Sie die 33-Jährige ja gar nicht berührt haben"? - Diesbezüglich konnte der Angeklate keine wirkliche Antwort geben: "Das ist mir auch ein Rätsel."

Staatsanwältin: Kollision mit Fahrrad ganz im Einklang mit den Gutachten

Für Staatsanwältin Sandra Wimmer ist die Tatversion des Angeklagten völlig absurd: "Glauben Sie das wirklich, was Sie heute da erzählen?" - Tatsächlich, so Wimmer, gehe etwa der kfz-technische Sachverständige Gerhard Kronreif "sehr wahrscheinlich von einem Frontalzusammenstoß" zwischen einem Zweirad und dem Opfer aus.

Wimmer lastet dem erst Ende Februar dank "Kommissar DNA" ausgeforschten unterstandslosen 45-Jährigen schwere Körperverletzung gemäß Paragraf 84 Absatz 4 Strafgesetzbuch an: "Er hat das Opfer mit dem von ihm gestohlenen Puch-Fahrrad von vorne gerammt und es billigend in Kauf genommen, dass das Opfer schwer verletzt wird.

Opferanwalt fordert 40.000 Euro Schmerzensgeld und Verunstaltungsentschädigung

Das Opfer wird von Opferanwalt Stefan Rieder, Landesleiter vom Weißen Ring, vertreten. "Das, was ihr damals widerfuhr, hat ihr Leben massiv verändert. Der früher sehr sportlichen Frau mussten im Kopfbereich etliche Implantate eingesetzt werden. Und nach wie vor leidet sie auch psychisch extrem an dem Vorfall", so Rieder vor dem Prozess. Der Opferanwalt begehrt für seine Mandantin vom Angeklagten 30.000 Euro Schmerzensgeld und 10.000 Euro Verunstaltungsentschädigung: "Das Opfer hat quer über den ganzen Kopf eine Narbe."

Im Prozess wirft Staatsanwältin Sandra Wimmer dem Serben noch etliche weitere, im Jahr 2023 im Raum Hallein verübte Straftaten vor. So soll er mehrere Diebstähle in Supermärkten und Einbrüche, etwa in einen Imbissstand, begangen haben; zudem habe er im August 2023 eine andere Frau in ihrer Wohnung von außen eingesperrt, indem er von außen den Türknauf ihrer Wohnungstür mit einem Gurt am Stiegengeländer verzurrt hatte. Diesbezüglich zeigt er sich großteils geständig. Dem Serben drohen bis zu fünf Jahre Haft.

Prozess auf unbestimmte Zeit vertagt

Nach gut dreieinhalb Stunden Verhandlung vertagt die Richterin den Prozess auf unbestimmte Zeit. Sie will sich via Videokonferenz den Ohrenzeugen, mit dem das Opfer unmittelbar vor dem folgenschweren Vorfall am Treppelweg telefonierte, nochmals anhören. Zudem seien noch weitere Erhebungen zu tätigen - etwa dazu, wann erstmals über eine - wahrscheinliche - Fahrradkollision medial berichtet wurde. Zudem lässt Richterin Hofer ein Gutachten einholen, ob beim Opfer nicht aus dem massiven Verletzungen resultierende Dauerfolgen vorliegen.

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