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Mehr als ein CO2-Speicher: Forscher mahnen ganzheitliche Waldpolitik ein

Ein Bericht ortet eine "Olympiade" um politische Versprechen, Vorhaben und Ziele zum Klimawandel-Eindämmungspotenzial der Wälder.

Der Wald ist mehr als ein CO2-Speicher.
Der Wald ist mehr als ein CO2-Speicher.

Die Politik habe es nicht nur nicht verstanden, die weltweite Abholzung der Wälder und den damit einhergehenden Artenschwund ausreichend einzudämmen - sie betrachte den Wald auch immer mehr "nur" als potenziellen Kohlenstoffspeicher, der den Klimawandel hintanhalten soll. In einem neuen Bericht der "International Union of Forest Research Organizations" (IUFRO), einem in Wien ansässigen Forschungsverbund, fordern Wissenschafter nun ein Überdenken der Waldpolitik ein.

Vorgelegt wird das Papier im Rahmen der 19. Sitzung des Waldforums der Vereinten Nationen (UNFF19) am Freitag (10. Mai) in New York, heißt es in einer Aussendung der IUFRO. Dabei handelt es sich um eine Analyse der bisherigen "Wald-Governance" mit Fokus auf die Zeit nach Erscheinen der letzten "kritischen Bestandsaufnahme von Trends, Defiziten und neuen Ansätzen" - so ein Teil des Titels des Berichts -, die aus dem Jahr 2010 datiert.

Ein "Hauptkritikpunkt in der Literatur" zur internationalen Waldpolitik ist deren "begrenzte Wirksamkeit", schreiben die Forscherinnen und Forscher: Trotz gewisser Fortschritte, wie einer leichten Verringerung der Abholzungsrate tropischer Wälder, habe man es vielerorts verabsäumt, die Entwaldung und das Zurückgehen der Biodiversität zu verlangsamen oder die Treibhausgasemissionen, die sich zum Beispiel aus der Holznutzung ergeben, einzudämmen.

Dem stünden überschießende Erwartungen an die Wälder gegenüber: So würden sie quasi als Patentlösung angesehen, wenn es darum geht, Maßnahmen gegen den Klimawandel zu propagieren. Das habe zu einer Art "Olympiade" geführt, in deren Rahmen immer neue, überhöhte Versprechen, Vorhaben und Ziele seitens der Politik oder Unternehmen propagiert würden. So gebe es zum Beispiel verschiedene Bekundungen in Richtung "Null-Abholzung" und der in Aussicht gestellten Erhöhung der Artenvielfalt.

Wie auch bei diversen Versprechen zu "Netto-null-Treibhausgasemissionen" seien solche Bekundungen mit Vorsicht zu genießen: "Ehrgeizige und reduktionistische Versprechen müssen der Vergangenheit angehören. Es ist zu spät, auf Win-win-Narrative zu setzen und soziale Abhängigkeiten und Auswirkungen außen vor zu lassen, wenn wir unsere Wälder besser verstehen wollen", so die Hauptautorin des Berichts, Daniela Kleinschmit von der Universität Freiburg (Deutschland).

Blicke man ausschließlich auf die Entwaldungsrate und verstehe die Wälder sozusagen exklusiv als potenzielle CO2-Senken und damit als eine Art "Ware" im sich entwickelnden CO2-Handel, vergesse man "jedoch viele Güter und Dienstleistungen, die für die Menschen wichtig sind. Die Wirksamkeit internationaler Waldpolitik muss daher auch an diesen Faktoren gemessen werden", so die Wissenschafterin. Die Autoren plädieren daher auf das Einbeziehen jener Gemeinschaften, die von den Wäldern abhängig sind, in die künftige Waldpolitik, sowie auf Vorrang für "langfristige marktbasierte Investitionen", die auf regionale Umstände Rücksicht nehmen, im Gegensatz zu Initiativen, die auf kurzfristige wirtschaftliche Gewinne abzielen.

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