SN.AT / Panorama / Österreich

"Nicht mehr zeitgemäß": Verkehrsexperten fordern moderne Drogentests bei Polizeikontrollen

Die Zahl an Drogenlenkern im heimischen Straßenverkehr ist laut Kuratorium für Verkehrssicherheit um ein Vielfaches höher, als das die (deutlich gestiegenen) Anzeigen vermuten ließen. Dem stehe ein veraltetes Kontrollsystem gegenüber.

Schnell, effizient und beweissicher: So sollen Drogentests im Straßenverkehr in Zukunft ablaufen.
Schnell, effizient und beweissicher: So sollen Drogentests im Straßenverkehr in Zukunft ablaufen.
Das rollende Drogenlabor aus Italien.
Das rollende Drogenlabor aus Italien.
Die KFV-Verkehrsexperten Armin Kaltenegger, Geschäftsführer Christian Schimanofsky, Raffaela Neustifter und Klaus Robatsch.
Die KFV-Verkehrsexperten Armin Kaltenegger, Geschäftsführer Christian Schimanofsky, Raffaela Neustifter und Klaus Robatsch.

8676 Autofahrer wurden im Vorjahr wegen Fahrens unter Drogeneinfluss angezeigt. Fast sechsmal mehr als 2017. 86 Prozent der Drogenlenker seien unter 40 Jahre alt - und größtenteils männlich. Vertreter des Kuratoriums für Verkehrssicherheit schlugen deshalb am Mittwoch Alarm. Sie fordern nicht nur eine Änderung der Straßenverkehrsordnung, sie präsentierten auch die (mögliche) Zukunft in Sachen Drogenkontrolle auf heimischen Straßen. "An jedem fünften Auffahrunfall ist ein Drogenlenker beteiligt. Und bei jedem zehnten Unfall mit Fußgängern", sagte Klaus Robatsch, Leiter des Bereichs Verkehrssicherheit im KFV. "Es wird jedoch nach Unfällen leider kaum auf Drogen kontrolliert." Dabei geht das KFV davon aus, dass in 15 Prozent aller Unfälle ein Lenker unter Drogeneinfluss stand. Eine im Vorjahr durchgeführte Dunkelfeldstudie ergab, dass rund 250.000 Lenker nach dem Konsum von Suchtgift mit dem Auto unterwegs waren. 2017 waren es noch 170.000, 2022 bereits 202.000. "Das sind einfach zu viel. Es braucht neue Maßnahmen", kritisierte Robatsch. Sein Kollege Armin Kaltenegger, zuständig für den Bereich Recht und Normen: "Zwei Millionen Autofahrer werden jährlich auf Alkohol kontrolliert. Bei Drogen gehen wir von einem Hundertstel aus." Das Verhältnis sei aber "4:1 und nicht 100:1." Es brauche geeignete technische Geräte, die ohne hohen Personalaufwand beweissichere Tests durchführen. Zwei Hindernisse stünden dem jedoch derzeit im Weg: "Der gesetzliche Rahmen passt nicht, er ist nicht mehr zeitgemäß. Und die aktuell verwendeten Geräte entsprechen nicht technischen Anforderungen", erklärte Kaltenegger.

Das rollende Labor als Zukunftshoffnung

Was sich die KFV-Vertreter sehnlichst wünschen, sind Zustände wie etwa in Italien. Denn dort sind insgesamt zwei Busse unterwegs, die quasi als mobile Drogenlabore fungieren. Innerhalb von 15 Minuten liefern sie ein für etwaige Strafverfahren beweissichere Resultate. "Die Geräte sind teuer, schließlich handelt es sich um eine komplette forensisch-toxikologische Ausstattung", ergänzte KFV-Verkehrspsychologin Raffaela Neustifter. Die Kosten für so einen Bus lägen "auf jeden Fall im sechsstelligen Eurobereich". Doch schon "einer wäre für Österreich eine Riesenhilfe".

Kaltenegger betonte, die Forderung des KFV sei keineswegs als Kritik an der Exekutive zu verstehen: "Wir nehmen wahr, dass auch die Polizei sehr wohl gerne Gesetzesänderungen hätte. Im Moment ist es im Prinzip so, dass der Lenker weiterfahren darf, wenn der Speichel-Schnelltest negativ ist, das kontrollierende Organ aber dennoch den Eindruck hat, dass das nicht so ist." Hinzu komme, dass hierzulande nicht der bloße Konsum von Drogen, sondern die tatsächliche Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit die Grundlage der Strafbarkeit darstelle. Und die muss mittels ärztlichem Gutachten festgestellt werden. "Dabei wird den Verdächtigen auch Blut abgenommen - wobei es vor allem am Wochenende, mitten in der Nacht und am Land oft gar nicht so einfach ist, eine Ärztin oder einen Arzt zu finden", bemängelte Kaltenegger. "Zur Zeit ist das ein polizeilich begleiteter Arztbesuch. Währenddessen könnte der Beamte dutzende weitere Autofahrer kontrollieren."

KOMMENTARE (0)